Worum geht es in dem Projekt?
Bei diesem Projekt geht es um die Grundrechte des deutschen Grundgesetzes, deren Inhalt, Bedeutung und Relevanz wir in Form eines Grundrechte-Quartetts vermitteln wollen.
Was sind die Ziele und wer ist die Zielgruppe?
Wir wollen juristisches Wissen im Bereich der Grundrechte spielerisch vermitteln, das Bewusstsein für das Grundgesetz und die Grundrechte stärken und – wenn alles klappt – mit weiteren Projekten daran anknüpfen.
Das Grundrechte-Quartett spricht nicht nur Studierende aller Fachrichtungen gleich welchen Fachsemesters, sondern auch Jurist*innen und juristische Laien an, denen der Grundrechtsschutz am Herzen liegt. Quartettliebhaber kommen ohnehin auf ihre Kosten.
Wie sieht das Ganze aus?
Hier vier der insgesamt zweiunddreißig Motive aus dem Grundrechte-Quartett:
Und hier ein Überblicksfoto vom fertigen Quartett und einigen seiner Motive:
Welche Grundrechte sind im Quartett enthalten?
Das Quartett besteht aus 32 Karten, von denen jeweils vier einer Gruppierung zugeteilt sind. Hier eine Auflistung:
A – Klassiker: Menschenwürde, Unverletzlichkeit der Wohnung, Eigentum, Berufsfreiheit
B – Politik & Gesellschaft: Asylgrundrecht, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit
C – Persönliche Freiheitsrechte: Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht auf Leben, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person
D – Datenschutz & Datensicherheit: Informationelle Selbstbestimmung, Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, Fernmeldegeheimnis, Pressefreiheit
E – Exoten: Koalitionsfreiheit, Rundfunkfreiheit, Petitionsrecht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
F – Justizgrundrechte: Ne bis in idem, Rechtsweggarantie, Recht auf gesetzlichen Richter, Grundrecht auf rechtliches Gehör
G – Institutionen: Ehe, Familie, Schule, Kirchen
H – Halluzinationen: Recht auf Faulheit, Recht auf Rausch, Recht auf Schutz vor Islamisierung des Abendlandes, Supergrundrecht auf Sicherheit
Die Grundrechte in der Gruppe H – Halluzinationen – sind keine echten, also realen Grundrechte (de lege lata – Stand jetzt). Sie wurden aber teils schon in der Rechtsprechung und in der Öffentlichkeit diskutiert:
– „Recht auf Rausch“ (BVerfG, Beschl. vom 09. März 1994 – 2 BvL 43/92 )
– „Supergrundrecht auf Sicherheit“ (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsa-affaere-innenminister-friedrich-versagt-als-aufklaerer-a-911471.html; https://www.welt.de/politik/deutschland/article118110002/Friedrich-erklaert-Sicherheit-zum-Supergrundrecht.html)
– „Recht auf Faulheit“ (BVerfG, Beschl. vom 21-10-1981 – 1 BvR 52/81, dazu Hufen, NJW 1994, 2913).
– Das „Recht auf Schutz vor Islamisierung des Abendlandes“ wurde glücklicherweise noch nicht in der Rechtsprechung und auch nicht – zumindest nicht als vermeintliches Grundrecht – in der Öffentlichkeit diskutiert. Wir haben uns das Grundrecht als Reaktion auf die (irrationalen) Ängste mancher Leute ausgedacht, die tatsächlich glauben, eine „Islamisierung des Abendlandes“ stehe bevor oder habe bereits begonnen. Weiterführende Erklärungen zu Idee und Hintergründen dieses ausgedachten Grundrechts sowie Überlegungen zu seinem Verhältnis zur Religionsfreiheit finden sich in einer gesonderten pdf-Datei zum Herunterladen.
Manche anderen, realen Rechte aus unserem Quartett sind keine Grundrechte im eigentlichen Sinne, wie zum Beispiel die institutionellen Gewährleistungen in der Gruppe G. Und das umständlich betitelte „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ wird zwar von Rechtswissenschaftlern und der überwiegenden Rechtsprechung anerkannt, bisher aber aber noch nicht ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht.
Und was sind das für Kategorien, die wir erwähnt haben?
Jedes Grundrecht in unserem Quartett wird in sechs Kategorien bewertet. Diese Kategorien sind das, was bei einem Auto-Quartett Werte wie „Höchstgeschwindigkeit“ oder „PS“ wären. In diesen Kategorien können die einzelnen Karten beim Spiel gegeneinander antreten. Die Kategorien in unserem Grundrechte-Quartett sind: Verständlichkeit, Weite des Schutzbereichs, Gewährleistungsdimensionen, Beschränkbarkeit, Gefährdetheit und Alltagsrelevanz.
Mit der Alltagsrelevanz bewerten wir, welche Rolle das Grundrecht für das alltägliche Leben spielt, also wie oft man mit dem Grundrecht und seinem „Thema“ im Alltag in Kontakt kommt – aber auch, wie sehr das Grundrecht in der öffentlichen Diskussion steht. So ist ein Grundrecht wie die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz eher alltagsrelevant, wohingegen ein eher „exotisches“ Grundrecht wie die Petitionsfreiheit aus Art. 17 GG im Alltag nicht ständig eine Rolle spielt.
Bei der Gefährdetheit geht es darum, wie sehr das jeweilige Grundrecht momentan zur Diskussion steht und dadurch bedroht ist. Sind die informationelle Selbstbestimmung oder die Meinungsfreiheit gefährdet? Bedeuten die Überlegungen in Berlin, Großvermieter zu enteignen (https://www.tagesspiegel.de/berlin/civey-umfrage-fuer-den-tagesspiegel-mehrheit-der-berliner-fuer-enteignung-von-grossvermietern/23837788.html), eine Gefahr für das grundrechtlich geschützte Eigentum aus Art. 14 GG? Solche und ähnliche Diskussionen fließen in den Wert ein.
Verwandt mit der Gefährdetheit ist die Beschränkbarkeit des Grundrechts. Hier geht es darum, wie „einfach“ das jeweilige Grundrecht in rechtlicher Hinsicht beschränkt werden kann. Denn: Grundrechte sind grundsätzlich nicht komplett schrankenlos gewährleistet. Das Grundgesetz selbst enthält Klauseln, die eine Einschränkung von Grundrechten ermöglichen, so zum Beispiel für die Versammlungsfreiheit in Art. 8 Abs. 2 GG: „Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.“ Nicht jedes Grundrecht enthält aber so einen ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt. Schranken können sich nämlich auch aus der Verfassung selbst ergeben (verfassungsimmanente Schranken). Wenn zwei oder mehrere Grundrechte miteinander kollidieren, sind diese in einen Ausgleich zu bringen. So kann zum Beispiel die Religionsfreiheit im Falle der Beschneidung aus religiösen Gründen durch das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt werden.
Auch formulieren manche Artikel im Grundgesetz noch spezifischere Bedingungen, wann und wozu ein Grundrecht eingeschränkt werden kann. Einschränkungen der Freizügigkeit sind nach Art. 11 Abs. 2 GG nur zu bestimmten Zwecken und in bestimmten Situationen zulässig, zum Beispiel bei Naturkatastrophen.
Bestimmte Grundrechte sind nur sehr schwer oder sogar gar nicht beschränkbar, wie die Menschenwürde, zu der es in Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – und das ist auch gut so!
In der Kategorie Weite des Schutzbereichs wird bewertet, wie umfassend der Schutz des Grundrechts ist und wie breit das „Thema“ des Grundrechts angelegt ist. So ist der Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz hergeleitet wird, sehr weit, weil hier alle nur denkbaren Verhaltensweisen, die der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit dienen, erfasst und geschützt sind, was insbesondere einen umfassenden Schutz der Privatsphäre bedeutet. Die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG ist im Vergleich dazu viel enger gefasst: Der Schutz der eigenen Wohnung erfasst nur einen Teilbereich des Lebens (wenn auch einen sehr wichtigen) und ist darauf begrenzt.
Kompliziert wird es in der Kategorie der Gewährleistungsdimensionen. Um das vollständig zu erläutern, müsste man wohl eine Grundrechte-Vorlesung abhalten, aber hier sei trotzdem ein kurzer Erklärungsversuch gewagt. Grundsätzlich sind Grundrechte als klassische „Abwehrrechte“ gegen den Staat ausgestaltet. So darf der Staat, zum Beispiel in Gestalt der Polizei, nicht einfach ohne Grund in eine Wohnung eindringen – dafür sorgt die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG. Ähnlich sorgt die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG dafür, dass die Polizei nicht willkürlich Versammlungen auflösen oder behindern darf – wenn sie das versucht oder tut, kann man dem Staat (zumindest später vor Gericht) das Grundrecht der Versammlungsfreiheit entgegenhalten.Diese Abwehrfunktion ist eine von verschiedenen Gewährleistungsdimensionen, die ein Grundrecht haben kann.
Ein Grundrecht kann aber auch andere Dimensionen haben. So dient das Asylrecht aus Art. 16a GG in erster Linie nicht der Abwehr von staatlichen Eingriffen, sondern vermittelt einen Anspruch gegen den Staat, den dieser zu erfüllen hat. Und Art. 6 Abs. 1 GG enthält mit dem Schutz der Ehe auch eine „institutionelle Garantie“, also das Versprechen, dass es im Staat so etwas wie Ehe gibt und diese auch offiziell anerkannt wird.
Das alles sind unterschiedliche Funktionen, die Grundrechte erfüllen können und die Gewährleistungsdimensionen genannt werden. Dabei kann ein Grundrecht auch mehrere Gewährleistungsdimensionen aufweisen, wobei es im Detail häufig unter Rechtswissenschaftler*innen umstritten ist, welches Grundrecht nun welche Gewährleistungsdimensionen aufweist. Für unser Quartett gilt: Je mehr Gewährleistungsdimensionen ein Grundrecht aufweist oder je mehr Gewährleistungsdimensionen für ein Grundrecht zumindest diskutiert werden, desto höher ist der Wert in dieser Kategorie.
In der Kategorie Verständlichkeit wird bewertet, wie problemlos man erfassen kann, worum es in diesem Grundrecht geht und was es schützt. Dabei fließen der Name des Grundrechts und der Wortlaut im Grundgesetz ebenso ein wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum jeweiligen Grundrecht, die mal recht verständlich und eingängig, manchmal aber auch unübersichtlich und kompliziert sein kann (für das Spiel muss man aber natürlich nicht zwingend wissen, was die Rechtsprechung zum jeweiligen Grundrecht sagt). Bei einem Grundrecht wie der Pressefreiheit – Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG – hat man auch als Laie recht schnell eine gute Vorstellung davon, worum es in diesem Grundrecht geht. Bei der institutionellen Gewährleistung für den Bereich Kirche, bei der das Grundgesetz in Art. 140 GG auf Artikel der (als solcher nicht mehr in Kraft befindlichen) Weimarer Reichsverfassung verweist, sind Verständnisschwierigkeiten dagegen schon aufgrund dieser komplizierten Struktur vorprogrammiert. Und bei einem Grundrecht wie dem „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ (gibt es wirklich) ist nicht nur der Name kompliziert, weshalb wir es uns hier erlaubt haben, den Wert für die Verständlichkeit auf 0 zu setzen.
Weitere Informationen
Zum Grundrechte-Quartett existiert ein umfangreiches Konzeptpapier. Es kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden:
Das Grundrechte-Quartett erwerben
Die erste Auflage des Grundrechte-Quartetts ist mittlerweile vergriffen. Bestellungen sind daher nicht mehr möglich. Eine zweite Auflage ist in Planung, momentan ist aber nicht absehbar, wann diese realisiert wird.